Ein Ort, wo Stadtgeschichte erlebbar wird
22.12.2012, Von Gaby Kiedaisch —
Stadtmuseum: 50 Jahre ehrenamtliches Engagement für Geschichte und Kultur – Festschrift zum Jubiläum erschienen
In diesem Jahr feierte das Museum in Wendlingen sein 50-jähriges Bestehen. Was vor fünf Jahrzehnten als Heimatmuseum im ehemaligen Rathaus in Unterboihingen begann, ist zum Stadtmuseum gereift mit einer ständigen Ausstellung zur Stadtgeschichte und mehrfach im Jahr wechselnden Sonderausstellungen. Die zum Jubiläum erschienene Chronik gibt darüber profund Auskunft.
Winfried Durst (Foto) hat die Chronik zum 50-jährigen Jubiläum verfasst: er geht in einzelnen Kapiteln auf die wichtigsten Phasen des Heimat- und Stadtmuseums ein. Dazu gehören die Gründungsphase des Heimatmuseums, die Freilegung des römischen Bads, Sammlungsschwerpunkte, die Gründung des Museumvereins, die Eröffnung des Stadtmuseums, die Auszeichnung 2005, die Gründung des Museumsstammtisches und des Geschichtskreises. Weiterhin werden die bisherigen Vorstände, ehemalige Museumsleiter und auch die vielen Sonderausstellungen dokumentiert. gki
WENDLINGEN. Die 67 Seiten umfassende Festschrift mit dem Titel „Der Weg vom Heimatmuseum zum Stadtmuseum – 1962 bis 2012“ ist reich bebildert mit Schwarzweiß- und Farbfotografien und dokumentiert minutiös die letzten 50 Jahre Heimatmuseum und Stadtmuseum sowie Museumsarbeit in Wendlingen und Unterboihingen. Dabei wird deutlich, dass das ehrenamtliche Engagement von Anbeginn die treibende Kraft war für das Geschichts- und Kulturbewusstsein. Die Chronik gibt dieser Tatsache nicht umsonst breiten Raum. Dies unterstreicht auch Bürgermeister Steffen Weigel mit seinem Grußwort zur Festschrift: „Ich bin dem Museumsverein, der das Museum ehrenamtlich betreibt und Jahr für Jahr Sonderausstellungen gestaltet, sehr dankbar für sein Engagement, ohne das die Führung dieses so wichtigen Hauses für unsere Stadt nicht möglich wäre“.
Die Geburtsstunde des Heimatmuseums und des ehrenamtlichen Engagements war am 17. November 1962. Die Mitglieder des Schwäbischen Albvereins der Ortsgruppe Unterboihingen, Vertrauensmann Gerhard Knauth, Rektor Otto Großmann und Konrektor Helmut Kiebel von der Volksschule hatten den Anstoß dazu gegeben. Von da ab war das Museum im ehemaligen Rathaus von Unterboihingen untergebracht.
Zur Gründung beigetragen hatte der Fund einer römischen Badeanlage im Jahr davor in den Steigäckern nahe der Autobahn. Diese war zwar schon seit 1835 bekannt gewesen, doch erst 1961 wurde die Anlage systematisch ausgegraben. Schon damals behalf man sich mit einem Aufruf in der ganzen Gemeinde nach Exponaten, um die Anfangssammlung zu erweitern. So wie das heute noch geschieht.
Albvereinsgruppen gründeten den Museumsverein
Die Albvereinsgruppen der Ortsgruppen Wendlingen und Unterboihingen waren es dann, die den Museumsverein Wendlingen-Unterboihingen, wie man ihn heute kennt, gegründet haben. Das war am 25. Juni 1991 im früheren Hotel Keim, das im vergangenen Jahr abgerissen wurde. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten: Jürgen Bettighofer, Roland Durst, Siegmar Kiebel, Wolfgang Kiebel, Jürgen Koch, Günther Mayer, Max Müller, Albrecht Nuber, Wilfried Polzer und Herbert Semmler. Wie in der Satzung festgehalten ist, hat der Museumsverein die Tradition des vorhergehenden Heimatmuseums fortgesetzt, indem er die Betreuung, Pflege und den Ausbau der Sammlung übernommen hat. So ist das Heimatmuseum in das heutige Stadtmuseum übergegangen.
Anstoß für die Gründung des Museumsvereins war die Tatsache, dass die Sammlung der Ortsgruppe Unterboihingen ständig wuchs und alsbald Platzmangel im alten Rathaus herrschte. Die Unterbringung der Exponate in Vitrinen überforderte zudem die finanzielle Ausstattung des Albvereins. Nur ein Museumsverein konnte von der Stadt finanzielle Unterstützung erwarten. Mittlerweile fand das Heimatmuseum auch immer mehr Anerkennung in der Bevölkerung, und auch die Besucherzahlen nahmen weiter zu. Da war es nicht mehr weit für die Gründung eines Museumvereins, ist der Festschrift von Winfried Durst zu entnehmen. Ihm ist es zu verdanken, dass die Chronik in dieser Ausführlichkeit vorliegt. In unzähligen Stunden hat das Vereinsmitglied mit viel Akribie die wichtigsten Daten, Phasen und Höhepunkte des Vereins recherchiert, zusammengetragen und inhaltlich zusammengefasst. „Für eine Stadt wie Wendlingen ist das Museums-Ensemble eine Besonderheit“, sagt Winfried Durst und übertreibt damit kein bisschen. Denn man muss weit gehen, bis man auf ein solches historisches Ensemble ein zweites Mal trifft.
Wendlinger Museumsensemble ist einmalig
1996 bestand dann erstmals die Chance auf die Verwirklichung eines Stadtmuseums, indem die Stadt Wendlingen „in Aussicht stellte, die Kosten für eine Fachkraft im Rahmen der Gesamtkosten der Museumseinrichtung im Pfarrhaus“ zu tragen. Die nachfolgenden Jahre brachten einiges in Bewegung: das ehemalige Pfarrhaus war durch den Bau eines neuen Pfarrhauses frei und wurde von der Stadt erworben und von Grund auf saniert unter Beteiligung des Museumvereins, genauso das Wasch- und Backhaus, der Pfarrgarten, ein Zwischenlager für die Exponate auf dem Otto-Areal, später in der Brückenstraße eingerichtet. Die Museumskonzeption wurde von der Historikerin Dr. Michaela Häffner ausgearbeitet, bis dann im Jahr 2004 das denkmalgeschützte Pfarrhaus-Ensemble mit Pfarrhaus, Pfarrscheuer und Drittelscheuer sowie Pfarrgarten mit Wasch- und Backhaus als Stadtmuseum eingeweiht werden konnte. Im gleichen Jahr war die Betriebsführung des Stadtmuseums auf den Museumsverein mit einem Vertrag mit der Stadt übertragen worden.
Museumsverein hat von Anfang an Beitrag zum Stadtmuseum geleistet
Dabei waren in den Jahren davor und danach bis heute aktive Mitglieder an den zahllosen Sanierungsarbeiten im und rund um das ehemalige Pfarrhaus und heutige Stadtmuseum beteiligt. Exponate wurden inventarisiert, schriftlich wie fotografisch festgehalten und archiviert, zahllose Exponate von ihnen wieder in Stand gesetzt und aufgefrischt (konserviert). Und selbst bei dem Versuch einer Aufzählung der geleisteten vielen Tausend ehrenamtlichen Arbeitsstunden, die im Laufe der Jahre zusammengekommen sind, ist die Dimension dieser Leistung nicht zu ermessen.
Deshalb seien nur einige wenige Aufgaben und Arbeiten genannt, die von einem harten Kern der Vereinsmitglieder bewältigt werden und die damit das Stadtmuseum immer wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit tragen: da sind die wechselnden Sonderausstellungen, das Mostfest, Sonderführungen, das Museum beteiligt sich am Tag des offenen Denkmals, Schulklassen besuchen das Museum und backen unter Betreuung im Backhaus, neu angelegt wurde ein Kräuter- und Gemüsegarten im ehemaligen Pfarrgarten, der mit selbst gepflanzten Obstbäumen, Blumenbeeten und Lauben schon allein für sich eine wahre Augenweide ist. Neu ist seit diesem Jahr die Reinhardt-Schmiede aus Köngen, die in der Drittelscheuer untergebracht ist und mit viel Liebe zum Detail von Mitgliedern aufgebaut wurde, Maschinen und Handwerkszeug gereinigt, repariert und wieder funktionsfähig gemacht.
Jedes Mitglied hat Talente, die es im Verein einbringt
„Jeder hat Talente, die er im Verein einbringt“, erklärt Winfried Durst den Erfolg des Vereins. Damit stecken die Mitglieder viel Arbeit in ein Objekt, das dem Museumsverein nicht gehört, von ihm jedoch gepflegt und gehegt wird, als ob es das Eigene wäre. Zum guten Glück hat sich die Schar der aktiven Mitglieder über die Jahre erhöht, auch der Nachwuchs zieht mit.
Genaueres erfährt man in der Chronik zum 50-jährigen Jubiläum, die in einer Auflage von 500 Stück aufgelegt wurde. Die zahlreichen Illustrationen stammen aus dem Vereinsarchiv, von Schriftführer Franz Knapp sowie aus den Sammlungen von den Mitgliedern Roland Durst und Winfried Durst. Die Jubiläumsschrift ist im Stadtmuseum, Kirchstraße 4 bis 8, zu erwerben.
Über die Weihnachtsfeiertage hat das Stadtmuseum mit der aktuellen Sonderausstellung „Kinderträume vergangener Zeit“ zu folgenden Zeiten geöffnet: 25. und 26. Dezember von 14 bis 17 Uhr, 27. Dezember von 16 bis 19 Uhr, 29. Dezember von 14 bis 17 Uhr, 30. Dezember von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, 1. Januar von 14 bis 17 Uhr; Heiligabend und Silvester ist das Stadtmuseum geschlossen.
S'Blättle vom 30. Nov.2012
Wendlinger Zeitung vom 17.11.2012
Kinderträume werden wahr
17.11.2012, Von Gaby Kiedaisch —
Weihnachtsausstellung zeigt Spielzeug aus vergangenen Tagen – Eröffnung am 1. Advent im Wendlinger Stadtmuseum.
Heute auf den Tag genau gibt es das Heimatmuseum/Stadtmuseum seit 50 Jahren. Am 17. November 1962 wurde es von weitsichtigen Mitgliedern des Schwäbischen Albvereins Unterboihingen gegründet. Zu diesem besonderen Ereignis hat der Museumsverein eine Festschrift herausgebracht. Und nicht nur das: Ab dem 1. Advent dreht sich alles um Spielzeug aus vergangenen Tagen.
WENDLINGEN. Ehrenamtliches Engagement wird im Wendlinger Stadtmuseum großgeschrieben. Seit Anfang an. Und deshalb steht beim Jubiläum auch das Ehrenamt im Mittelpunkt.
Der agile Museumsverein Wendlingen-Unterboihingen hat für die anstehende Weihnachtszeit wieder eine Sonderausstellung zusammengestellt. Sie trägt den Titel „Kinderträume vergangener Zeit“. „Kein Spielzeug, das wir zeigen, war bisher in einer Ausstellung zu sehen“, sagt Peter Hoefer, Vorsitzender des Vereins, zu den Exponaten. Der größte Teil stammt diesmal aus Leihgaben und ein geringer aus dem Fundus des Stadtmuseums.
„Abgeliebt, liebkost, bespielt“ – Teddys und andere Kuscheltiere
Teddys hatten ihren großen Auftritt in einer der vorhergehenden Ausstellungen des Stadtmuseums. Dennoch dürfen Kuscheltiere in einer Spielzeugausstellung wie dieser nicht fehlen. Eine Vitrine wurde überwiegend mit Tieren der Traditionsmarke Steiff bestückt. Den meisten sieht man ihrem Äußeren an, dass sie von ihren kleinen Besitzern herzlich liebkost worden sind. „Bespielt“ sind alle Ausstellungsstücke, jedes Exponat stammt aus Kinderzimmern aus der Zeit vor 1880 bis in die 1950/60er-Jahre.
Dass so manches Spielzeug wohl einen Anstoß für den späteren Beruf gegeben hat, das zeigt eine Marionettengruppe in der Ausstellung. Der Junge, der vor Jahrzehnten mit den selbst gebastelten Marionetten gespielt hat, ist heute ein angesehener Theaterkritiker.
Gut erhalten, kann historisches Spielzeug heute einen beachtlichen Wert haben wie die Indianer- und Cowboygruppe der Marke Elastolin. Auch der eine oder andere Straßenkreuzer der Marke Schuco wird Väter in ihre Kinderzeit zurückversetzen. Den aufzuziehenden Schuco Maybach konnte man auf einem Tisch fahren lassen, ohne dass das Auto über die Tischkante in den Abgrund fiel. Das Modell aus den 1950er-Jahren mit dem Aufdruck „Made in US Zone Germany“ hat im Boden ein eingebautes quer laufendes Rad. Sobald die Vorderräder über die Tischkante ragen, macht das Fahrzeug eine 180-Grad-Wendung. Genial.
Zuerst waren sie Lehrmaterial, dann wurden sie für das Kinderzimmer weiterentwickelt: Dampfmaschinen. Die Ausstellung zeigt drei Dampfmaschinen der Marken Märklin und Doll und Co, später Fleischmann, alle sind funktionsfähig. Unter Dampf werden sie während der Ausstellung im Stadtmuseum das eine oder andere Mal auch zu sehen sein.
Während die Buben mit Eisenbahn, Ritterburg, Zinnsoldaten und Holzbaukasten stundenlang spielen konnten, wandten sich Mädchen dem Reich der Puppen, Puppenstuben und Puppenherde zu. Mit Kohle, Spiritus und elektrisch betrieben wurden kleine Kuchen und Omelettes im Kinderzimmer gebacken und von porzellanenen Tellerchen und Schüsselchen gegessen. Selbst das Villeroy- und Boch-Kaffeeservice fehlte in den Spielzimmern von Kindern gut betuchter Eltern nicht. Kaufmannsladen und Kasperletheater, Gesellschaftsspiele, sogar ein echtes Spielzimmer mit Miniatur-Möbeln für Puppen kann in der Sonderausstellung bestaunt werden.
Peter Hoefer hofft, dass die neue Ausstellung wieder einen großen Zuspruch erhält. „Wir haben das Thema extra so gewählt, dass die ganze Familie gemeinsam der Ausstellung im Stadtmuseum einen Besuch während der Advents- und Weihnachtszeit abstatten kann.“
Traute und Peter Hoefer wurden bei der Konzeption und Zusammenstellung der Ausstellung von Rainer und Erika Benz unterstützt sowie von Ulrich Scholder und Tochter Amelie. Fürs Ausstellungplakat zeigte sich wieder Franz Knapp zuständig.
Zur Eröffnung der Weihnachtsausstellung „Kinderträume vergangener Zeit“ lädt der Museumsverein am Sonntag, 2. Dezember (1. Advent), um 11 Uhr ins Wendlinger Stadtmuseum, Kirchstraße 4 bis 8, ein. Peter Hoefer wird in die Sonderausstellung einführen.
Die Öffnungszeiten sind Donnerstag 16 bis 20 Uhr, Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr. Die Ausstellung kann bis zum offiziellen Abschluss der Weihnachtszeit, 2. Februar (Mariä Lichtmess), besichtigt werden.
Peter Hoefer (links) und Rainer Benz präsentieren im "Spielzimmer" der ausstellung einige Exponate
Der Wilde Westen mit Cowboy- und Indianerfiguren darf bei einer Spielzeugausstellung nicht fehlen.
Stadtanzeiger vom 26. September 2012
10.09.2012 00:00
„Ein Musterbeispiel an Engagement“
Bürgermeister Weigel würdigt Arbeitsleistung aller ehrenamtlich Tätigen seit Bestehen des Museums im Rahmen des Mostfests
Kaiserwetter hatte der Museumsverein Wendlingen-Unterboihingen gestern bei seinem Museums- und Mostfest – gab es doch allerhand zu feiern: Zum einen den 50. Geburtstag des Museums und seines Vereins und zum anderen die offizielle Einweihung der Reinhardt-Schmiede.
VON GABY KIEDAISCH
WENDLINGEN. Zu diesem Freudentag fand sich eine große Schar von Besuchern schon morgens zum Festakt des 50-jährigen Bestehens des Museums und zur Eröffnung der ehemaligen Reinhardt-Schmiede aus Köngen ein. Im Wendlinger Stadtmuseum hat die alte Schmiede in der sanierten Pfarrscheuer wieder eine würdige Heimstatt gefunden.
Doch zunächst galt es, an die 50 Jahre des Museums und dessen Vereins zu erinnern. Der Vorsitzende des Museumsvereins Peter Hoefer rückte dabei die Hoffnung des Vereins vor zehn Jahren in den Mittelpunkt, dass sich das Stadtmuseum zu einem Ort entwickeln möge, an dem die Stadtgeschichte erlebt werden könne. Heute könne er, Hoefer, mit Stolz sagen, dass „wir mit viel Engagement und Ideen auf einem guten Weg dahin sind“. Das bestätigen auch viele Besucher immer wieder, indem sie die informative und gut gelungene Präsentation der Stadtgeschichte loben. Durch eine rege Reihe von Sonderausstellungen zur Stadtentwicklung oder zum Alltagsleben, die der umtriebige Museumsverein selbst konzipiert und durchführt, soll das Publikum aus nah und fern immer wieder zu einem Besuch ins Stadtmuseum animiert werden, der sich schon allein wegen des einmaligen Museumsgartens mit Back- und Waschhaus sowie der romantischen Gartenlaube rentiert.
Im Zusammenhang mit der Restaurierung und dem Aufbau der Reinhardt-Schmiede in der Museumspfarrscheuer galt sein Dank allen Helfern, besonders Joachim Kuschel, Klaus Englisch und Aldo Gianmichele.
Dem schloss sich auch Bürgermeister Steffen Weigel an. Er dankte allen Verantwortlichen des Museumsvereins, allen Mitgliedern und Bürgern der Stadt, die sich für den Erhalt und weiteren Ausbau des Museums einsetzten.
In seinem Grußwort erinnerte der Bürgermeister an die Mitglieder des Schwäbischen Albvereins Unterboihingen, die am 17. November 1962 ein erstes Heimatmuseum gegründet hatten. Auslöser dafür waren damals die Funde an der römischen Badanlage in der Nähe der Autobahn im Gewann Taläcker. Ein erster Schwerpunkt des Heimatmuseums war somit die Sammlung von Fundstücken der Vor- und Frühgeschichte, der Römerzeit und die Geschichte Unterboihingens gewesen. Im ehemaligen Rathaus von Unterboihingen war auch der erste Ausstellungsort für die Industriegeschichte der Firmen Behr und Heinrich Otto und Söhne. Allerdings sei rasch klar gewesen, so Bürgermeister Weigel weiter, dass sich das Museum mit der Geschichte der gesamten Stadt, also mit seinen drei Stadtteilen, beschäftigen müsse. Die Gründung des Museumsvereins im Jahr 1991 war somit nur eine Frage der Zeit. Es sollte dann allerdings noch sieben Jahre dauern, bis 1998 der Umzug vom ehemaligen Rathaus ins Pfarrhaus vonstatten ging. Und erst 2004 konnte das Stadtmuseum eröffnet werden. Inzwischen wurde es sogar als „vorbildliches Museum“ ausgezeichnet.
„Der Museumsverein und zuvor der Albverein Unterboihingen haben ein Erfolgsmodell gegründet, das heute zum beeindruckenden Ergebnis eines Stadtmuseums geführt hat“, würdigte Steffen Weigel deren jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement und Arbeitsleistung. „Dies ist ein Musterbeispiel für bürgerschaftliches Engagement in dieser Stadt“, lobte Weigel, „und ist nicht hoch genug einzuschätzen.“
Was die Zukunftsaussichten des Stadtmuseums angehen, erinnerte der Bürgermeister an die Museumskonzeption von der Historikerin Dr. Michaela Häffner. Da diese Konzeption nur in Teilen im Stadtmuseum umgesetzt worden sei, müsse in den kommenden Jahren das Ziel sein, sie wieder aufzugreifen und umzusetzen – und zwar von Stadt und Verein gemeinsam.
Nach dieser für den Verein hoffnungsfrohen Absichtserklärung des Bürgermeisters ging Konrad Steinert nochmals auf das goldene Jubiläum des Museums und dessen Vereins ein. Dabei hob er eine Vielzahl an weiteren Aufgaben des Museumsvereins neben der Sammlung, Pflege und Bewahrung von Exponaten hervor.
Anschließend führte er in die Ausstellung der Schmiede und deren Hintergründe ein. Auch Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, hätte seine helle Freude daran gehabt, wenn er deren Wiederaufbau in der Pfarrscheuer sehen könnte, lobte Steinert Joachim Kuschels Restaurierungsarbeiten. „Die Hunderte von Arbeitsstunden haben sich gelohnt.“
In diesem Zusammenhang dankte er auch dem Geschichts- und Kulturverein, der mit dem Museumsverein dazu beigetragen habe, „ein wichtiges Stück dörflicher Kultur der Öffentlichkeit zu erhalten.“
Dass die ehemalige Schmiede wieder zugänglich gemacht werden konnte, das hatte Bürgermeister Weigel schon zuvor in seiner Rede als ein „gelungenes Beispiel kommunaler Zusammenarbeit“ genannt.
Karl Rein, Vorsitzender des Geschichts- und Kulturvereins Köngen, war zur Eröffnung mit zahlreichen Bürgern aus der Nachbarkommune gekommen, darunter der Tochter von Karl Reinhardt junior, Else Roth sowie Anni Maier, der Witwe von Walter Maier, der die Schmiede durch Ankauf gerettet hatte. In seinem Grußwort drückte Rein die Wertschätzung des Vereins gegenüber den Leistungen des Museumvereins aus. Er freue sich, dass die Odyssee der Schmiede zu einem guten Ende geführt habe, nachdem das Gebäude im Rahmen der Ortskernsanierung 1999 abgerissen worden war und durch den Rettungskauf von Walter Maier über viele Jahre im Schlossgut in Köngen eingelagert wurde, bevor es in Wendlingen sein neues Domizil fand.
Trotz aller Feierlaune – einen kleinen Wermutstropfen gab es gestern doch: Die Chronik zum 50-jährigen Bestehen des Museums ist zwar seit April schon fertiggestellt, doch die Druckerei hat den Museumsverein im Stich gelassen.
Am Tag des offenen Denkmals gab es im Stadtmuseum Führungen in der alten Schmiede und Mitmachaktionen für Kinder. Die Jugend- und Erwachsenengruppe der Banater Schwaben umrahmte das Mostfest mit alten Tänzen. Mit 60 süßen und salzigen Kuchen sowie 50 Brotlaiben aus dem Backhaus für Schmalzbrote und als Beilage zur Roten musste keiner der Besucher hungrig nach Hause gehen. gki
Bürgermeister Weigel eröffnete die Ausstellung.
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Wendlinger Zeitung vom
Wendlinger Zeitung vom 01. September 2011
50 Jahre Museum in Wendlingen
Am Tag des offenen Denkmals wird im Stadtmuseum einiges geboten – Neuzugang: Reinhardt-Schmiede – Mostfest im Pfarrgarten
Am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 9. September, feiert das Stadtmuseum ein besonders Jubiläum: „50 Jahre Museum Wendlingen-Unterboihingen“. Um 11 Uhr wird Konrad Steiner in einer kleinen Feierstunde in die Geschichte einführen. Außerdem wird ein Neuzugang eröffnet: die Reinhardtsche Schmiede aus Köngen. Führungen und Mostfest laden zusätzlich ein.
VON GABY KIEDAISCH
WENDLINGEN. Vor 50 Jahren wurde das Heimatmuseum von der Ortsgruppe Unterboihingen des Schwäbischen Albvereins gegründet. Viele Jahrzehnte war das Museum im früheren Schul- und Rathaus in Unterboihingen untergebracht, bis die Exponate und Dokumente in eine neu konzipierte Ausstellung zum Thema Stadtgeschichte im ehemaligen katholischen Pfarrhaus und jetzt Stadtmuseum übergingen. Gleichzeitig wurde der Museumsverein Wendlingen-Unterboihingen gegründet, der seither das Museum ehrenamtlich führt.
Dieses Jubiläum nimmt der Museumsverein zum Anlass, mit einem Museums- und Mostfest am kommenden Sonntag, 9. September, daran zu erinnern. Gleichzeitig kann die jetzt vollständig aufgebaute und restaurierte ehemalige Dorfschmiede aus der Oberdorfstraße 17 in Köngen, die sogenannte „Reinhardt-Schmiede“, sowie weiteres altes Handwerk, Schreinerei und Wagnerei, in der Pfarrscheuer des Stadtmuseums besichtigt werden. Genau vor einem Jahr war die Schmiede, die noch bis 1975 in Betrieb war, vom Geschichts- und Kulturverein Köngen an den Museumsverein offiziell übergeben worden, die Besucher konnten damals erste Maschinen und Gerätschaften in Augenschein nehmen.
Einiges mehr hat sich seither getan: In monatelanger Arbeit wurden weitere Maschinen und Einzelteile der historischen Schmiede von Karl Reinhardt und dessen Sohn Karl Reinhardt jun. entrostet und wieder funktionstüchtig gemacht. Dafür konnte Museumsmitglied und -macher Joachim Kuschel mit weiteren Helfern einen Kellerraum auf dem Otto-Areal nutzen. Eine Herausforderung war auch der Rückbau der Maschinen in den Urzustand (um 1900), da die Maschinen in den 1960er-Jahren auf Einzelantrieb umgebaut worden waren. „In der Schmiede von Hans Schikora in Oberboihingen wurden wir fündig“, sagt Joachim Kuschel, der früher Präzisionsmechaniker von Beruf war. Eine alte Transmissionswelle und ein Motor waren dort noch vorhanden, genau das Richtige für die alte Schmiede im Museum. Obendrein bekamen sie noch einen Blasebalg geschenkt, da aus dem alten aus Köngen „die Mäuse ein Festessen gemacht hatten“. Nachgebaut für die Schmiede wurden vom Museumsverein eine Esse mit Kamin und eine Schmiedewerkbank, da sie im Laufe der Zeit verloren gegangen waren.
Weitere historische Maschinen und Werkzeuge, die jetzt im Stadtmuseum als Exponate stehen, stammen teilweise aus dem eigenen Museumsdepot, aber auch von vielen Menschen aus der Stadt und Umgebung, die sich von ihren inzwischen historischen Maschinen und Werkzeugen getrennt haben: zum Beispiel Maschinenbügelsäge, Ständerbohrmaschine, Kreissäge, Tischfräse, Leimofen, Bandsäge.
Joachim Kuschel wird Besuchergruppen am Sonntag durch die Ausstellung führen, außerdem gibt es für Kinder verschiedene Aktionen: unter Anleitung können sie Seile an der Seilmaschine selber drehen und schmieden auf dem Amboss.
Vor zwei Jahren war das Dach der alten Pfarrscheuer neu gedeckt worden. Auch innen hat sich seither einiges verändert: Joachim Kuschel hat mit weiteren Helfern des Museumvereins die Böden mit Klinkerstein ausgelegt und ein sicheres Podest mit Treppe im unteren Teil der Scheuer gebaut. So ist die Scheune jetzt vom Garten und von der Kirchstraße bequem für die Besucher erreichbar.
Im unteren Teil der Pfarrscheune sind jetzt erstmals landwirtschaftliche Geräte ausgestellt. Ein großer historischer Leiterwagen ist die Attraktion. Im Gewölbekeller der Scheuer wurden Obst und Gemüse in Einmachgläsern aufbewahrt. Originaleinweckgläser mit Bohnen und Pfirsichen von anno dazumal sind dort genauso ausgestellt wie in Flaschen abgefüllter, selbst gemachter Quitten- und Apfelsaft.
Unbedingt sollten die Besucher am Sonntag nicht vergessen, einen Blick in den Pfarrgarten des Stadtmuseums zu werfen. Dort hat Traute Hoefer den oberen Teil als Kräutergarten neu angelegt. Alte Heil- und Küchenkräuter wachsen jetzt dort.
Beim Mostfest werden natürlich Most und Selbstgebackenes gereicht. Die Museumsfrauen bieten herzhafte Rahm- und Zwiebelkuchen an, für Leckermäuler gibt es weltklasse Hefekuchen mit Zwetschgen und Äpfel sowie selbstgebackenes Brot mit Schmalz und Schnittlauch. Die Tanzgruppe der Banater Schwaben unterhält mit traditionellen Tänzen.
www.museum-wendlingen.de
Reinhardt-Schmiede mit Esse, funktionsfähigem Blasebalg, Werkbank und allerlei Gerätschaften
Wendlinger Zeitung vom 02. April 2012
Ausstellung „100 Jahre Möbelfabrik Behr“ im Wendlinger Stadtmuseum eröffnet
Am Sonntag wurde die Sonderausstellung „100 Jahre Möbelfabrik Behr Wendlingen“ im Stadtmuseum eröffnet. Über hundert Besucher, aktive und ehemalige Mitarbeiter wollten sich diesen Augenblick nicht entgehen lassen. Die Zeitgeschichte eines produzierenden Unternehmens lässt sich am besten anhand vieler Exponate erzählen. Wenn es sich dann noch um eine so bedeutende ortsansässige Möbelfabrik handelt, verdient sie auch die entsprechende Würdigung im Stadtmuseum. Die Großzügigkeit, der Weitblick und die Tatkraft mit der Erwin Behr seine Fabrik im Jahre 1912 schuf, war in Deutschland damals einzigartig und musterhaft. Er begann mit 284 Mitarbeitern und entwickelte sich mit bahnbrechenden Ideen und innovativen Erfindungen zu einem schwäbischen Vorzeigeunternehmen. In technischer Hinsicht wurde zum ersten Male eine Serienherstellung wirklich guter Qualitätsmöbel entwickelt und dadurch die Möglichkeit geschaffen, diese ausgesuchten Erzeugnisse zu erstaunlich günstigen Preisen auf den Markt zu bringen. Zur Eröffnung der Ausstellung begrüßten der Vorstand des Museumsvereins, Peter Hoefer, zusammen mit Bürgermeister Steffen Weigel (am Rednerpult) zahlreiche Weggefährten und Zeitzeugen. Stellvertretend für die Firma Behr, sprach der langjährige Mitarbeiter Richard O‘Rourke mit einführenden Worten über die Firmengeschichte und was die Besucher in den oberen Museumsräumen erwartet. Am bekanntesten wurde das „Behr-Holzband-Holzscharnier“ in Edelholzausführung. Ein Schmuckstück für Möbel, millionenfach erprobt und bestens bewährt. In gleicher Technik wurden während des Zweiten Weltkrieges viele Messerschmitt-Flugzeugteile hergestellt, die in einer großen Vitrine zu sehen sind. Friedlichen Zwecken dienten nach Kriegsende dann Formholztische, Sitzbänke für die Reichsbahn, Türgriffe und vor allem Gehäuse für Radio- und TV-Geräte. 1949 begann der Einstieg als Lieferant der Automobilindustrie, wie zum Beispiel an die Daimler AG in Sindelfingen. Die Sonderausstellung im Stadtmuseum Wendlingen, Kirchstraße 4, wurde bereits jetzt bis zum 5. August verlängert. Die Öffnungszeiten sind Donnerstag von 16 bis 20 Uhr, Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr. jk
Wendlinger Zeitung vom 27.03.2012
Die Firma Behr im Spiegel der Geschichte
Am kommenden Sonntag, 1. April, öffnet die Sonderausstellung "100 Jahre Möbelfabrik Behr Wendlingen" im Stadtmuseum
Wenn am Sonntag, 1. April, die Sonderausstellung „100 Jahre Möbelfabrik Behr Wendlingen“ im Stadtmuseum öffnet, dann wird nicht nur für den unbefangenen Besucher ein Stück Wirtschaftsgeschichte lebendig, sondern für die ehemaligen Behr-Mitarbeiter auch ein Teil ihrer Lebensgeschichte.
VON GABY KIEDAISCH
WENDLINGEN. Visionär, Erfinder, Entwickler, Pionier – diese kleine Auswahl an Beschreibungen lässt nur ansatzweise erahnen, was den Unternehmer Erwin Behr tatsächlich ausgezeichnet hat. Allein sein Alter, in dem er die Möbelfabrik 1912 gründete, lässt auf einen Charakter schließen, der, wenn er sich einmal ein Ziel gesetzt hat, es nicht mehr so schnell aus den Augen verliert. Trotz seiner damals 55 Jahre begann er noch einmal ganz von vorne. Er wollte Möbel in Serie herstellen, für jeden erschwinglich, ähnlich wie Henry Ford ein Auto konstruierte für die Massenproduktion. Technisch ausgereifte Möbel in Serienfertigung gab es bis zu jenem Zeitpunkt nicht. Seine Kompagnons der Hofmöbelfabrik Epple & und Ege in Stuttgart, in der Erwin Behr seit seinem 28. Lebensjahr arbeitete und Teilhaber war, wollten diesen Weg nicht mitgehen. Das war ein Fehler – wie sich später herausstellen sollte.
Dies und mehr erfahren die Besucher über die Person Erwin Behr, wenn am Sonntag um 11 Uhr die Sonderausstellung im Stadtmuseum eröffnet wird. Richard O’Rourke wird die Geschichte der Firma Behr mit einer Einführung vertiefen. Der Vertriebsleiter für Automobilteile war bis zum Schluss 42 Jahre lang bei Behr und kennt die Firma aus dem Effeff.
Die bis zum 7. Juni zu sehende Sonderausstellung gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Produktschienen, die die Firma in ihrer fast 100-jährigen Geschichte herstellte. Bereits in den 1920er-Jahren wurden Anbauprogramme aus Tischlerplatten gefertigt, ab 1955 auch zerlegbare Möbel (BMZ). Formhölzer eigneten sich nicht nur für Möbel, sondern wurden später auch für die Automobilindustrie verwendet.
Während des Ersten und des Zweiten Weltkriegs musste die Produktion für die Rüstung umgestellt werden, statt Möbel wurden Planwagen, Schubkarren für den Nachschub und Flugzeugteile tausendfach produziert. Das brachte die Alliierten allerdings nicht davon ab, nach Kriegsende die Arbeitszimmer von Eisenhower, Zhukov oder Montgomery in ihren Hauptquartieren in Deutschland von Behr ausstatten zu lassen.
Neben zahlreichen Exponaten wie Gehäusen für Kofferradios, Uhren oder Fernseher und ersten Campingklapptischen und -stühlen aus Holz erfährt man in der Ausstellung etwas über die Lehrlingsausbildung, auf die Behr von Anfang an großen Wert legte. Der erste weibliche Lehrling war übrigens Michaela Birker, sie begann in den 1950er-Jahren ihre Schreinerausbildung.
Schon bald fertigte Behr Möbelprogramme namhafter Designer und Architekten wie Peter Maly oder Dieter Wäckerlin.
Ein Großteil der in der Ausstellung gezeigten Exponate stammt aus dem Depot des Museumvereins, aber auch von zahlreichen Privatleuten.
Bei schönem Wetter findet die Ausstellungseröffnung im Pfarrgarten des Stadtmuseums statt, ansonsten in der Scheuer daneben, die gerade mit Klinkersteinen neu ausgelegt worden ist. Für Kinder gibt es am Sonntag eine zusätzliche Aktion: In den Vitrinen sind Papierbären versteckt, wer ihre richtige Anzahl weiß, erhält einen Preis.
Von Behr-Schreiner Otto Frasch stammt dieses Puppenhaus, das mit handgefertigten Möbelchen nach den großen Originalvorbildern ausgestattet ist.
Die ehemaligen Behr-Mitarbeiter Richard O’Rourke (Mitte), Vertriebsleiter, und Winfried Zink (rechts), 49 Jahre Schreiner und Holztechniker, helfen dem Museumsteam Peter Hoefer (links), Angela Heilemann, Joachim und Margot Kuschel (nicht im Bild) bei der Zusammenstellung der Exponate. Fotos: gki
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Wendlinger Zeitung vom 25.02.2012
Das Traditionsunternehmen Behr in der Rückschau
Das Stadtmuseum Wendlingen bereitet gerade eine Sonderausstellung zum Thema Behr vor Weitere Exponate werden gesucht .
Der Museumsverein zeigt ab 1. April eine Sonderausstellung über das Wendlinger Traditionsunternehmen Behr.
Dafür startet der Verein einen Aufruf an die Bevölkerung: Wer hat typische Gegenstände jeglicher Art von Behr?
VON GABY KIEDAISCH
WENDLINGEN. Die Firma Behr wäre in diesem Jahr 100 Jahre geworden. Die Produktionsstätte in Wendlingen war nach Insolvenzantrag im November 2007 im Frühjahr 2008 dichtgemacht worden. Dem vorausgegangen waren Verkäufe innerhalb der Unternehmensgruppe wie die Einrichtungshäuser und die Behr Holzformtechnik sowie die Möbelfabrikation Behr International Ende der 1990er-Jahre an eine Möbelfabrikation in Nordrhein-Westfalen, die jedoch wenige Jahre später ebenfalls Insolvenz anmeldete. Nach einer kurzen Unterbrechung gibt es die Marke Behr International zwar wieder, doch mit dem 1912 in Wendlingen gegründeten Unternehmen hat sie nichts mehr zu tun.
Möbel mit Qualität durch Serienfertigung zu verwirklichen, das war die Idee des Firmengründers Erwin Behr, als er vor 100 Jahren die Möbelfabrikation an der Eisenbahnlinie Stuttgart–Tübingen ins Leben rief. Schon ab dem Jahr 1921 baute Behr seine ersten An- und Aufbaumöbelprogramme nach den Entwürfen von Professor Franz Schuster. Bahnbrechend war die Verformung von Furnieren und Sperrholz, wie sie für Gehäuse von Radios und später Fernsehgeräten gebraucht wurden. Die spanlose Verformung von Presslagenholz wurde zunächst für den Flugzeugbau verwendet, später auch im Möbelsektor.
Mit der Erfindung der Behr-Dreischicht-Spanplatte war dem Unternehmen 1950 ein weiterer Meilenstein in der Möbelfertigung gelungen. Unter dem Namen Behr International arbeitete das Unternehmen mit vielen namhaften Möbeldesignern zusammen. Bereits ab 1949 hatte sich das Unternehmen auch einen Namen als Zulieferer der Automobilindustrie gemacht.
Mit der Ausstellung will der Museumsverein an die Bedeutung der Möbelfabrikation in Wendlingen erinnern. Denn Behr war nicht nur ein Unternehmen mit internationalem Rang, sondern hatte Ende der 1950er-Jahre fast 1000 Mitarbeiter in Brot und Arbeit in Wendlingen beschäftigt.
In der Ausstellung dokumentiert werden soll deshalb auch das soziale Engagement des Unternehmens mit Ferienverschickung, Sozialräumen, die mit Wannenbädern ausgestattet waren, einer Freud-und-Leid-Kasse sowie einer Werksbücherei, einem Löschteich, der in heißen Sommern von den Arbeitern als Swimmingpool genutzt werden konnte, oder die verschiedenen Freizeitgruppen, die es innerhalb der Firma gegeben hat. So sei nur an die Fußballmannschaft erinnert, an die Rot-Kreuz-Gruppe, Tischtennis- oder Fotogruppe. Für die seit Ende der 1950er-Jahren beschäftigten italienischen Gastarbeiter wurden extra italienische Zeitungen abonniert, außerdem gab es einen Fernseher in den Aufenthaltsräumen, damit die Belegschaft wichtige Fußballspiele während der Arbeit nicht versäumen musste.
Die Ausstellung wird sowohl an den Gründer des Unternehmens Erwin Behr und an seinen Sohn Erwin Behr jun. als auch an dessen Schwiegersohn Dr. Emil Kühn, die beide die Firma als Geschäftsleiter zu einem Unternehmen mit internationale Ruf führten, erinnern.
Für die Sonderausstellung, die am 1. April eröffnet wird, werden typische Exponate von Behr jedweder Art gesucht wie Zeichnungen, Kataloge, Gebrauchsgegenstände, Kleinmöbel, Radiogehäuse. Gerne nimmt der Museumsverein die Exponate als Leihgabe für die Sonderausstellung entgegen. Aber auch ehemalige Mitarbeiter, die über ihre Zeit bei Behr berichten wollen, sind willkommen.
Typisch für Unternehmen der damaligen Zeit sind Mitarbeiterviten, wie es sie heute nur noch selten gibt. So starteten viele Behr-Mitarbeiter bereits als Lehrlinge und arbeiteten dort ihr gesamtes Arbeitsleben bis zu ihrer Rente. Exemplarisch dafür stellt der Museumsverein den Schreiner Otto Frasch vor, der 1925 als 15-Jähriger bei Behr seine Lehre begann. Ein von ihm gefertigtes Puppenhaus mit original verkleinerten Behr-Möbeln sowie ein Kaufladen werden ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sein.
Leser, die die Ausstellung mit Exponaten unterstützen möchten, wenden sich an den Vorsitzenden des Museumvereins Peter Hoefer unter Telefon (0 70 24) 50 10 55. Gleichzeitig macht der Museumsverein darauf aufmerksam, dass im Stadtmuseum auch Führungen außerhalb der Öffnungszeiten angeboten werden. Für behinderte beziehungsweise gehbehinderte Menschen steht ein Fahrstuhl beziehungsweise eine Behindertentoilette zur Verfügung. Anmeldungen auch für Seniorengruppen bei Peter Hoefer.
Joachim Kuschel, Peter Hoefer und Angela Heilemann
von links) bereiten derzeit die Sonderausstellung
mit Exponaten vor. Dafür stammt einiges aus dem Depot
des Museumvereins wie die hier gezeigten Holztabletts,
Möbelkranzabschlüsse oder Originalzeichnungen von Möbelstücken. gki |
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Wendlinger Zeitung vom 16.02.2012
Museumsverein blickt auf besonderes Jahr
Sonderausstellungen zu 50 Jahre Heimatmuseum und 100 Jahre Firma Behr ? Wahlen: Vorstand im Amt bestätigt
2012 wird für den Museumsverein gleich in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Jahr. Dazu zählt der Bildband „Liebenswertes Wendlingen“, der an Ostern erscheinen soll, dazu gehören aber auch zwei Sonderausstellungen, 100 Jahre Behr und 50 Jahre Heimatmuseum.
VON GABY KIEDAISCH
WENDLINGEN. Das zurückliegende Jahr sei ein „Jahr herausragender Ereignisse“ gewesen, leitete Peter Hoefer seinen Bericht anlässlich der Mitgliederversammlung am Dienstag im Gasthaus Löwen ein: 30 Backtermine, 13 Trauungen und zusätzliche Bildtermine von Hochzeitspaaren im Pfarrgarten, viele Museumsstammtische, die stets gut besucht gewesen seien, und zahlreiche Arbeitsdienste im Depot und im Museum. Darunter Restaurierungsarbeiten am Mauerwerk der Scheuer. Weitere Arbeiten seien in diesem Frühjahr noch zu verrichten, vermerkte der Vereinsvorsitzende, so soll der Boden in der Pfarrscheune mit Ziegelsteinen ausgelegt werden. Restauriert worden ist im vergangenen Jahr das große Scheunentor, eine zweite Tür von der Gartenseite ist in der Mache. Für den Aufbau und die Reinigung der alten Maschinen für die Schmiede, in die vor allem Joachim Kuschel mit weiteren Helfern viel Arbeit und Zeit gesteckt hatte, dankte Hoefer im Namen des Vereins.
Jede Menge Zeit und Arbeit steckt auch in den drei Sonderausstellungen, die die Mitglieder des Museumvereins im vergangenen Jahr auf die Beine gestellt haben. Leider hätten die Besucherzahlen etwas nachgelassen, räumte Hoefer ein, die letzte Ausstellung sahen unter 500 Museumsbesucher. Wie immer hatte sich der Museumsverein am Internationalen Museumstag beteiligt, zu den weiteren Höhepunkten zählt das traditionelle Mostfest im Herbst.
Zur festen Einrichtung geworden ist der Geschichtskreis. Inzwischen besteht er im fünften Jahr. Sein Dank galt in diesem Zusammenhang Roland Durst und Angela Heilemann, die den Kreis regelmäßig leiten.
„Liebenswertes Wendlingen“ heißt der von Bürgerverein und Museumsverein gemeinsam noch unter Bürgermeister Ziegler angestoßene Bildband, der bis kommende Ostern fertig sein soll. Der mit viel Aufwand produzierte Band enthält 75 historische und aktuelle Fotografien und soll von der Stadt vertrieben werden.
1912 war die Firma Behr in Wendlingen gegründet worden. Aus diesem Anlass erinnert der Museumsverein mit einer Ausstellung in diesem Jahr an die Anfänge der renommierten Möbelfirma, die erstmals Möbel in industrieller Serienfertigung herstellte und die Spanplatte erfand. Mit einer Sonderausstellung, die am 1. April im Stadtmuseum eröffnet wird, soll vor allem der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung Behr für die Ortsgeschichte hatte. Ein großer Fundus von Original-Zeichnungen, Modellen, Formen und Produkten aus dem Stadtmuseum wird die Ausstellung unterstreichen, lediglich kleinere Behr-Möbelstücke fehlen noch, um das Bild zu komplettieren.
Mit einem Dia-Vortrag begibt sich Roland Durst am 6. März auf eine Zeitreise durch die Industriegeschichte der Stadt Wendlingen: Unter dem Titel „100 Jahre Behr Möbelfabrik“ wird das Mitglied das Thema auf Zelluloid im Treffpunkt vertiefen.
Damit nicht genug: Beim traditionellen Mostfest am 9. September werden gleich zwei Highlights zu feiern sein. Die alte Schmiede aus Köngen ist nun vollständig aufgebaut und mit Fertigstellung des Fußbodens im unteren Teil der Scheuer soll sie offiziell eingeweiht werden. Gleichzeitig wird die Sonderausstellung „50 Jahre Heimatmuseum“ eröffnet. Das Heimatmuseum, aus dem der Museumsverein hervorgegangen ist, war am 17. November 1962 durch den Schwäbischen Albverein Unterboihingen gegründet worden. Das Museum war früher im ehemaligen Rathaus von Unterboihingen untergebracht. Nach einer Neukonzeption wurde es im Jahr 2004 im alten Pfarrhaus als Stadtmuseum wiedereröffnet.
Last but not least fehlt noch im Reigen der Sonderausstellungen die Weihnachtsausstellung, Thema ist diesmal historisches Kinderspielzeug aus einer Privatsammlung.
Zum Schluss seines Berichts sprach Peter Hoefer allen aktiven Helfern, dem Vorstand und dem Ausschuss seinen Dank aus.
Begonnen hatte die jährliche Mitgliederversammlung mit einer stillen Minute zu Ehren der Verstorbenen. Kassier Martin Zink hatte anschließend detailliert seinen Kassenbericht vorgetragen. Kassenprüfer Heinz Benz und Winfried Durst waren nach eingehender Kassenprüfung zu dem einhelligen Schluss gekommen, eine tadellose Kassenführung vorgefunden zu haben. Den Entlastungsantrag für den Kassenwart und Vorstand übernahm Heinz Benz. Er bezeichnete den Museumsverein als einen „tollen Verein“ mit vielen Mitgliedern, die sich aktiv einbringen. Einstimmig wurden beide Anträge angenommen.
Kurz und schmerzlos liefen die turnusmäßig alle zwei Jahren abzuhaltenden Wahlen ab. Danach wurden folgende Personen in ihren Ämtern einstimmig bestätigt: Peter Hoefer als Vorsitzender; Joachim Kuschel, Zweiter Vorsitzender; Martin Zink, Kassier, und Franz Knapp, Schriftführer. Mit einer Diashow zum abgelaufenen Jahr endete die Versammlung.
Mit einer Sonderausstellung „50 Jahre Heimatmuseum“ wird das Jubiläum im September gefeiert: links das Stadtmuseum heute, im früheren alten Rathaus (rechts) nahm das Heimatmuseum seinen Anfang. gki
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